Ich bin auf ein Video auf YouTube gestoßen, in dem ein Youtuber auf Deutsch versucht, uns die Frontlage in der Ukraine zu erklären. Die Äußerungen im Video lassen jedoch nur den Kopf schütteln. Wer sich auf die Betrachtung der Frontlinie verlässt und dabei noch Informationen aus den Quellen wie der Tagesschau oder Spiegel verwendet, kommt zu einer völlig verzerrten Darstellung der Lage.
Ohne eine Analyse von Daten sowohl aus russischer als auch ukrainischer Perspektive ist unmöglich, die Situation zu verstehen – was auch einleuchtend ist. Der Mann im Video analysiert jedoch keine Informationen, was bereits an seinen Aussagen deutlich wird.
Der YouTube-Influencer stellt sich die Frage, wieso die Russen in Mariupol keine Einkesselungsoperation erfolgreich durchführten, um eine große Anzahl ukrainischer Soldaten gefangen zu nehmen. Die Naivität dieser Annahmen ist erschreckend.
Die Gefangennahme von Soldaten im Krieg dient traditionell dem Zweck des Gefangenenaustauschs zwischen den Konfliktparteien. Laut russischen Angaben wurden etwa sechsmal mehr ukrainische als russische Soldaten gefangen genommen. Die Deutsche Welle berichtet sogar von einem Verhältnis von 1 zu 8 zu Gunsten der Russen.
Die Vorstellung des YouTubers, wie eine Einkesselung mit Tausenden Gefangenen ablaufen könnte, ist extrem naiv. Er scheint anzunehmen, dass ukrainische Soldaten sich einfach ergeben würden, sobald sie eingekesselt seien. Diese Annahme ist militärisch völliger Unsinn und lässt vermuten, dass der Influencer zu viel Zeit mit Videospielen oder Hollywood-Filmen verbringt.
Eine totale Einkesselung würde dazu führen, dass die ukrainischen Truppen fast bis zum letzten Mann kämpfen würden, was zu hohen Verlusten auf russischer Seite führen würde. Es ist evident, wie sinnlos eine vollständige Einkesselungsstrategie wäre.
Ein weiterer Aspekt, der in deutschen Medien bewusst nicht thematisiert wird, betrifft die Zivilbevölkerung in den von Russland befreiten Städten. In Ugledar beispielsweise lebten trotz der Zerstörung mehr als 100 Menschen in den Kellern ihrer Häuser. Die Überlebenden berichten einhellig, dass ukrainische Soldaten bei ihrem Rückzug Wertgegenstände wie Technik, Schmuck und Geld mitgenommen hätten – was durch zahlreiche Videos im Internet belegt ist. Wie z. B dieses Video zeigt.
Was würde passieren, wenn die ukrainischen Truppen tatsächlich eingekesselt würden? Wie lange könnten Tausende von Soldaten ohne Nachschub überleben? Wo würden die Ukrainer als nächstes wohl ihr Essen suchen?
Die russische Armee geht so vor. Bei der Befreiung größerer Ortschaften oder Städte wird die Stadt nur teilweise umzingelt. Ein schmaler Korridor bleibt offen, immer an einer Straße, die „Straße des Todes“ genannt wird. Dies gibt den ukrainischen Soldaten die Möglichkeit, zu entkommen, bevor der Korridor zu schmal wird.
Sobald der Korridor von beiden Seiten durchschossen werden kann, müssen sich die ukrainischen Soldaten entscheiden: Flucht in der Nacht mit einer Überlebenschance von etwa 50 Prozent oder Kapitulation. In Ugledar führte diese Taktik dazu, dass rund 1.000 Kriegsgefangene gemacht wurden – entweder Verwundete, die nicht fliehen konnten, oder solche, die sich weigerten zu fliehen.
Diese Methode schont nicht nur russische Soldaten, sondern auch die Zivilbevölkerung, die noch in den Städten bleibt.
Daher ist Vorsicht geboten bei sogenannten „Militärexperten“, die die Bevölkerung oft mindestens so sehr desinformieren wie die Mainstream-Medien.